Was ist eigentlich ERGOTHERAPIE ?
Obwohl es den Beruf des Ergotherapeuten schon seit Beginn des 20. Jahrhundert in Amerika und seit dem zweiten WK in Deutschland gibt, ist er häufig noch nicht vertraut oder sogar unbekannt.
Dies liegt sicherlich auch am Namen, denn was ein Krankengymnast, ein Masseur oder eine Sprachtherapeutin macht erklärt aus dem Namen bzw. der Berufsbezeichnung.
So passiert es immer wieder, dass Patienten unter Umständen gar nicht wissen, dass Ergotherapie ein gutes Heilmittel für sie sein könnte. Auch bei manchen Ärzten ist der volle Umfang der ergotherapeutischen Leistung nicht genügend bekannt.
Am geläufigsten ist sicherlich die ergotherapeutische Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeitsstörungen, ADS, ADHS oder Behinderungen.
Grundsätzlich arbeiten wir jedoch mit Patienten jeden Alters und auch aus jeder medizinischen Fachrichtung.
Es geht stets darum Fähigkeiten und Fertigkeiten auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene zu erhalten, zu entwickeln oder wieder herzustellen und eine größtmögliche Selbständigkeit zu erreichen
In unserer Praxis gibt es nie ein Schema F nach dem ein Patient behandelt wird! Stets gilt die Individalität, die persönlichen Bedürfnisse und das Wesen eines jeden Menschen zu berücksichtigen.
Die folgenden Beispiele entbehren jeder medizinischen Vollständigkeit und dienen lediglich dem Laien für einen Überblick bzw. Einblick.
Beispiele:
1. Nach einem Schlaganfall hat Herr X. Schwierigkeiten seinen rechten Arm zu bewegen. Er ist nicht mehr in der Lage sich selbständig anzuziehen, sich ein Brot zu schmieren, oder eine Unterschrift zu leisten. Darüber hinaus neigt er zu Traurigkeit und mangelndem Antrieb, "es ginge ja gar nichts mehr".
Mögliche ergotherapeutische Ziele:
- Anbahnung von Bewegungen
- Erweiterung des aktiven Bewegungsausmaßes
- evtl. Umtrainieren auf Linkshändigkeit
- Versorgung mit Hilfsmitteln zu Selbständigkeit
- u.U. Thematisierung der Traurigkeit
- Angehörigenberatung
- Aktivierung und Hobbyfindung
- "was geht doch noch, oder anders?"
2. Frau Y. ist nach einem Klinikaufenthalt wieder zu Hause und hat wegen ihrer immer wiederkehrenden depressiven Episoden eine ergotherapeutische Behandlung verordnet bekommen. diese Therapie soll zunächst als Hausbesuch stattfinden. Frau Y. hat große Probleme mit dem Antrieb, der Motivation und der Entspannung. Ständig kreisen Gedanken und sie kann sich zu nichts "aufraffen". Früher war sie sehr gerne kreativ und habe gerne Sport gemacht.
mögliche Ergotherapeutische Ziele:
- Aufbau einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung
- Erreichen einer regelmäßigen Bereitschaft zur Ergotherapie als Hausbesuch
- u.U. eine regelmäßige Teilnahme an der Ergotherapie in der Praxis
- zunächst leichte Bewegungsübungen, die an ihrem ehemaligen Sport (Volleyball) angrenzen
- Aktivierung kreativer Bereiche über künstlerische Mittel (Malen, Ton,...)
- Tagesstrukturierung
- Entwicklung von Perspektiven
- Eigenwahrnehmung und Entspannungstechniken
- Wiedereingliederung in den sozialen Alltag
3. E. ist 6,5 Jahre alt und ein sehr aufgewecktes, fröhliches Kind. Am liebsten klettert er auf Bäume, Zäune, Garagen. Er rast mit seinem Fahrrad und spielt fast ausschließlich draussen. Schwindelig wird ihm nie, blaue Flecken hat er ständig. Ein großartiges Kind!
Schwierigkeiten machen ihm das Stillsitzen in der Schule, die Aufmerksamkeit auf den Unterricht und nicht auf die Amsel vor dem Fenster zu lenken. Laufend muss die Lehrerin ihn ermahnen, da er fortwährend mit dem Stuhl kippelt, sich verdreht und zum großen Spass aller vom Stuhl fällt.
mögliche ergotherapeutische Ziele:
- Wahrnehmungsförderung des Gleichgewichtsorganes / Vestibulum
- Erweiterung der konzentrativen Fähigkeiten
- Ausbildung der Fokussierung
- Verbesserung der eigenen Körperwahrnehmung
- Entswicklung von Ruhephasen und Anspannungsphasen
- Stützen des Selbstwertgefühles
- Schaffung von Erfolgserlebnissen
- Elternarbeit
Gerade Kinder werden nicht behandelt, weil sie sich womöglich so verhalten, wie es uns als Eltern nicht passt. Behandelt werden Kinder dann, wenn die Entwicklung des Kindes gefährdet ist, es nicht die schulischen Leistungen bringen kann, die eigentlich in seinem Poetential liegen und wenn es selbst darunter leidet.
Intensive vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern ist hier ebenfalls wichtig.